Wie kleide ich mich gut und authentisch? Stefanie Diller ist selbständige Image- und Stilberaterin bei diller-yourself in Hamburg und ihr Job ist es, genau diese Fragen für ihre Kundinnen zu beantworten. Wir haben mit ihr gesprochen und wollten wissen, wie Stilberatung funktioniert, wie sie Firmen zur optimalen Aussenwirkung verhilft, und was sie tut, wenn jemand nur Schwarz trägt.
Ich trage oft Farbe und habe meinen Schrank auch nach Farben sortiert. Und ich entscheide meist morgens, wenn ich weiss, welche Highlights und Herausforderungen der Tag bringt, was dazu passt. Manchmal ist es auch eine Gefühlssache, weil man etwa mit Rot ein eher mutiges Signal sendet und sich mit Dunkelblau eher zurückhält.
Nein, Schwarz trage ich oben herum nie – ausser abends zum Ausgehen.
Ja, grundsätzlich schon. Und mein Schrank ist nach Genre sortiert: Blusen zu Blusen, Röcke zu Röcken und so weiter. Innerhalb dieser Teile habe ich noch zusätzlich nach Farbe sortiert. Das heisst, wenn ich überlege, „Heute möchte ich einen Blazer anziehen", dann gehe ich zu den Blazern und wähle dort aus, welche Farbe passt. Dann gehe ich zur nächsten Schicht, z.B. Bluse, und arbeite mich quasi von aussen nach innen – wie bei einer Zwiebel.
Es kommt darauf an, wie viel Zeit ich morgens habe. Wenn ich sehr früh aus dem Haus muss und dann auch den ganzen Tag unterwegs bin, entscheide ich das auch öfter am Abend davor.
Professionel auftreten mit unseren Business Basics:
Ja, auf jeden Fall! Ich habe natürlich Lieblings-Outfits, die ich immer wieder trage. Aber ich habe auch Freude, Neues zu kombinieren, vor allem, wenn die neue Saison da ist. Wenn es andere, schöne Farben und Styles gibt, bekommt man Inspiration und kann diese dann für sich umsetzen. Ich habe ausserdem ein Baukasten-System im Schrank, sodass vieles mit vielem kombinierbar ist und sich dadurch sehr viele Outfits ergeben.
Ich miste immer zweimal im Jahr aus, und zwar jeweils im Frühling und im Herbst.
Definitiv! Ich nenne in meinem Blog eine Shopping-Regel: 3-7-14. Wenn man etwas Neues kauft und es in den nächsten 3 Tagen nicht trägt, ist es unwahrscheinlich, dass man es jemals anziehen wird. Sollte man es nach 7 Tagen immer noch nicht getragen haben, wird man es definitiv nie tragen. Also sollte man den Fehlkauf aus dem Leben entfernen und innerhalb von 14 Tagen zurückbringen, weil er sonst nur im Schrank verstaubt.
Fehlkäufe passieren immer wieder. Das ist auch der Grund, warum es sich lohnt, in eine Stilberatung zu investieren: Weil ich dann einfach einen Sinn dafür bekomme, welche Farben und welche Kleidung für meine Persönlichkeit geeignet sind, welcher Stil zu meinem Typ und meiner Figur passt. Damit ich mich in meinem Look auch entwickle und nicht immer dasselbe trage und dadurch stehen bleibe. Durch Stilberatung gewinne ich Klarheit im Kleiderschrank und weiss intuitiv, welche Sachen zusammenpassen, mir stehen und mich sicher auftreten lassen.
Meine Stilberatung ist etwas aufwändiger als die mancher Kolleginnen, weil ich sehr inhaltlich arbeite. Bei mir geht es um die Persönlichkeit: Ich bin der Meinung, dass Stil nicht einfach etwas ist, das ich anziehe, sondern Ausdruck meiner Persönlichkeit. Und mit dem Umhängen von Farbtüchern ist es da auch nicht getan. Ähnlich, wie man einen Eindruck davon gewinnt, welche Kultur herrscht, wenn man jemanden zuhause besucht, funktioniert das auch mit Stil. Er muss zu Charakter und Lebensart passen.
Daher mache ich eine Art „Anamnese“ meiner Kunden. Ich befrage sie zu ihren Werten, was ihnen wichtig ist, ohne was sie gar nicht könnten oder was sie gern ändern würden. Ich frage sie auch, in welchem Umfeld sie leben und wie sie gerne gesehen werden würden. Es geht darum, zu reflektieren, wie man wahrgenommen wird und was man daran ändern möchte – viele Persönlichkeitsmerkmale lassen sich auf den passenden Stil übertragen.
Das ist eine gute Frage. Tatsächlich kommen Kunden zu mir, die beides wollen. Im Job geht es ja darum, authentisch und glaubhaft aufzutreten, und da sind viele unsicher – gerade, weil sie in Branchen arbeiten, wo es bestimmte Vorgaben gibt. Sie glauben dann, dem hundertprozentig entsprechen zu müssen, aber es geht natürlich viel mehr. Man muss nicht immer den dunkelblauen Anzug mit der weissen Bluse tragen! Ob beruflich oder privat, meine Beratung zielt erst einmal darauf ab, Kleidung zu finden, in der man sich wohl fühlt und die einen repräsentiert, persönlich aber eben auch beruflich. Wenn ich mit meinen Kunden shoppen gehe, dann kaufen wir Kleidungsstücke, die sie ebenso gerne im Privaten tragen und kombinieren können. Ich schwöre auf Basics, die lange tragbar sind, und auf besondere Einzelstücke zum Kombinieren. Auch Accessoires sind ein grosses Thema dabei.
Gut gekleidet mit unseren Business Basics:
Ja, für Frauen ist es schwieriger. Männer tragen ja eigentlich immer nur Hosen! (lacht) Wir können Hosen, Röcke, Kleider und auch noch Overalls tragen – aber ist das nicht toll? Wir Frauen haben so viele Möglichkeiten und das versuche ich, auch zu unterstützen. Gerade erfolgreiche Geschäftsfrauen neigen manchmal dazu, „männlich“ aussehen zu wollen und tragen dieselben Outfits wie ihre Kollegen. Das finde ich persönlich nicht gut – denn wir sind nun mal zwei Geschlechter, wir unterscheiden uns, haben andere Kompetenzen, kommunizieren anders und gehen unterschiedliche Wege in der Art, wie wir arbeiten. Meiner Meinung nach dürfen Frauen gerne dazu stehen und ihre Weiblichkeit zeigen. Es geht dabei nicht darum, sexy auszusehen und kurze Röcke mit tiefen Ausschnitte und zu viel Schmuck zu kombinieren. Mir geht es um eine gewisse Souveränität im Auftreten: Als Basis ein gepflegtes Make-up, gepflegte Hände, aber dann ruhig etwas Auffälliges in der Kleidung. Natürlich sollten Frauen im Beruf vor allem inhaltlich überzeugen. Aber es ist schade, wenn sie sich dabei gezwungenermassen männlich kleiden, weil sie glauben, damit würden ihre beruflichen Chancen steigen.
Wenn die Person in einem Beruf ist, wo es passt und es ihr auch steht, dann sage ich da nicht Nein. Aber vor allem Schwarz ist eine Farbe, die leider sehr negativ behaftet ist. Schwarz steht für Recht, für Tod und Beerdigung, es ist sehr streng. Wenn ich Kundenkontakt habe und Schwarz trage, dann ist da immer eine Wand. Hier ist Dunkelblau wesentlich besser, weil es einerseits eine im Business übliche Farbe ist, die besser kommuniziert und dem Gegenüber signalisiert, dass etwas „in Ordnung ist“. Es gibt auch Untersuchungen, die zeigen, dass helle Farben positiver wirken und Freundlichkeit und Offenheit transportieren.
Ja, In der Kreativbranche, zum Beispiel bei Designern, ist das noch einmal anders. Da tragen ja einige Menschen Schwarz, um etwas Pures auszudrücken – man denke an Steve Jobs und seine charakteristischen Rollkragenpullover.
Meine Kundinnen und Kunden sind zu 90 % Deutsche. Ich habe aber auch immer wieder Kunden mit ausländischem Hintergrund. Zum Beispiel habe ich einmal einen sehr kleinen, persischen Mann beraten, der natürlich vor anderen Herausforderungen steht, dafür aber ganz andere Farben tragen kann. Oder eine zarte Brasilianerin, durch deren Typ und Hautfarbe farblich auch eine andere Wirkung entsteht. Südländer sind generell farbenfroher und modemutiger als Deutsche, aber ihnen steht auch mehr Farbe.
Ich habe da sowieso eine Macke – ich laufe durch die Strassen und ziehe in Gedanken jeden um! (lacht) Ich optimiere ihren Look.
Meine Mutter ist mit mir als Kind oft in den Zoo gegangen. Als wir einmal im Winter da waren und vor der Giraffe standen, sagte meine Mutter: „Schau Stefanie, was glaubst du wie viele Schals es wohl braucht, um den Hals der Giraffe warm einzuwickeln?“ Das hat mich wahnsinnig fasziniert, ich stand da und habe mir diese bunten Schals vorgestellt. Und dann habe ich angefangen, mir Menschen mit Schals anzugucken - und so fing das alles an. Heute ist es mein Beruf und ich möchte, dass alle Menschen gut aussehen und Ausstrahlung haben.
Die Mitarbeiter repräsentieren über ihren Kleidungsstil die Werte eines Unternehmens nach aussen, und viele Firmen haben Produkte, die einem bestimmten Image entsprechen und wollen das als Marke kommunizieren. Die effizienteste Werbung entsteht also über die Mitarbeiter. Für diese Unternehmen halte ich Vorträge und biete Workshops, in denen wir über ihre Corporate Identity sprechen, über die Marke, die Werte und was die Mitarbeiter nach aussen transportieren sollen. Dann überlegen wir gemeinsam, welche Kleidung dazu passt und erarbeiten einen Dresscode. Das nennt sich auch Corporate Fashion und ist gerade in Zeiten von immer lässigeren Kleiderordnungen in Firmen oft sehr hilfreich, für Chefs wie Mitarbeiter.
Sozusagen, ja. Denn wenn Führungskräften zu ihren Angestellten sagen, „So, ab heute tragt ihr alle das", dann sind diese in der Regel nicht erfreut, weil ihnen etwas aufgezwungen wird. Wenn sich so etwas aber im Seminar entwickelt, dann sehen sie die Vor- und Nachteile. Vor allem sind sie Teil des Entwicklungsprozesses, da findet grosses Teambuilding und Changemanagement statt. Ziel ist es ja, einen Dresscode im Look zu entwickeln, der für alle geeignet ist, damit die Firma ihre Aussenwirkung optimiert und homogen erscheint. Das unterstreicht die Unternehmenskultur und steigert die Kompetenz.
Viele setzen sich im Workshop das erste Mal damit auseinander, welchen optischen Eindruck sie hinterlassen und wie sich ihr Auftreten auf das Unternehmen auswirkt. Der tolle Nebeneffekt ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen, was ein gewisser Stil für sie bewirkt: Sie bekommen im Seminar Feedback darüber, wie sie selbst wahrgenommen werden. Es ist immer ein toller, emotionaler Tag, weil man kreativ zusammenarbeitet und viele Inspirationen bekommt. Die Mitarbeiter wachsen stärker zusammen und am Ende sind alle Teilnehmer glücklich, weil sie den Stil für ihre Firma oder Agentur gefunden und dadurch Klarheit bekommen haben.
Im Workshop entwickle ich gemeinsam mit Unternehmen einen Look, der für alle passt, damit die Firma ihre Aussenwirkung optimiert und homogen erscheint. Das unterstreicht die Unternehmenskultur und steigert die Kompetenz.
Viele Unternehmen machen aber auch einen Workshop, ohne dass ein Dresscode entwickelt wird. Sie wollen einfach, dass mal wieder das Auge ein bisschen mehr auf das Outfit gelegt wird. Und auch das wird gerne angenommen.
Ich hatte einmal eine Kundin, die extrem sexy auftreten wollte. Für die hohe Position, in die sie hier in Deutschland gekommen war, hielt ich das aber für unangebracht. Sie mochte einen Look, der für mich von aussen betrachtet nicht aussendet, dass sie eine kompetente Geschäftsfrau ist – und das war sie ja. Ihr Wunsch-Outfit hätte eher das Gegenteil signalisiert.
Nicht zu viel Haut zu zeigen ist kein neuer Rat, aber wie auch beim Bewerben sollte man sich beim Aufstieg innerhalb des Unternehmens für die Stelle kleiden, die man haben will. Automatisch wird einem dann mehr zugetraut. Und noch einen Bewerbungstipp habe ich: Schauen Sie sich vorher auf der Webseite des Unternehmens an, was die Leute tragen! Notfalls kann man sich sogar einmal vor dem Firmengebäude hinsetzen und sich ansehen, in welcher Kleidung die Mitarbeiter herauskommen. Das hilft schon sehr, beim ersten Gespräch kleidungstechnisch alles richtig zu machen.